Wann darf das Grundbuchamt einen Erbschein verlangen?

Urteil des OLG Sachsen-Anhalt vom 13.03.2015, Az. 12 Wx 62/14

Hintergrund

Gehört Grundeigentum zum Nachlass, muss dieses auf den oder die Erben umgeschrieben werden. Der Nachweis der Erbfolge gemäß § 35 der Grundbuchordnung (GBO) erfolgt grundsätzlich durch die Vorlage eines Erbscheins. Beruht die Erbfolge allerdings auf einem notariellen Testament, genügt es, dass dieses Dokument sowie das Eröffnungsprotokoll vom Nachlassgericht beim Grundbuchamt vorgelegt werden. Das gilt jedoch nicht immer, wie der vorliegende Fall zeigt.

Sachverhalt

Der Erblasser setzte in einem notariellen Testament seine Frau als Vorerbin und seine drei Töchter als Nacherben ein. Dabei bestimmte er für den Fall, dass eine der Töchter den Nacherbfall nicht mehr erleben sollten, dass deren Kinder Nacherben werden sollten oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Erbteil auf die anderen Geschwister übergehen sollte.

Nach dem Tod der Mutter erbten die Töchter also das Vermögen des Vaters als Nacherben. Kurz danach verstarb eine der Töchter kinderlos. Die verbleibenden zwei Schwestern beantragten beim Grundbuchamt die Eintragung als Erben je zu 1/2. Sie waren der Meinung der Erbteil der verstorbenen Schwester käme nun ihnen zugute, da diese keine Kinder hatte.

Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung nach Vorlage des notariellen Testaments und des Eröffnungsprotokolls ab und verlangte stattdessen einen Erbschein. Es war der Meinung, dass die Erbfolge im Testament nicht eindeutig geregelt ist und ausgelegt werden müsse.

Entscheidung

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt gab dem Grundbuchamt in seinem Urteil vom 25.03.2015 recht. Es war der Ansicht, dass die Auslegung des Testaments zumindest zwei Möglichkeiten der Erbfolge zulässt. Zum einen, dass die verbleibenden zwei Töchter Erben je zur Hälft geworden sind. Zum anderen wäre es auch möglich, dass der Erbteil der verstorbenen Schwester an deren Erben ging.

Da sich die Erbfolge aus dem Testament nicht eindeutig bestimmen lässt und das Grundbuchamt zu weiteren Nachforschungen nicht berechtigt ist, kann dieses die Vorlage eines Erbscheins auch bei Vorliegen eines notariellen Testaments verlangen.

Haben Sie Fragen zum Erbnachweis?

Die Entscheidung zeigt, dass ein notarielles Testament zur Grundbuchumschreibung nicht immer ausreicht. Dieses ist wegen der Kosten ärgerlich, da ein Erbschein ansonsten nicht immer benötigt wird. Bei der Testamentserrichtung sollte generell darauf geachtet werden, dass die Formulierungen klar und verständlich sind. Dabei sollte stets bedacht werden, dass sich die familiären Verhältnisse jederzeit ändern können.

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