Testierunfähigkeit bei vaskulärer Demenz
Beschluss des OLG Bamberg vom 22.05.2015, Az. 4 W 16/14
Wer wegen krankhafter Vorstellungen und Gedanken nicht in der Lage ist, eine Entscheidung über seine Erbfolge zu treffen, ist testierunfähig. Nicht entscheidend ist, ob der Testierende noch erkennt, dass er überhaupt ein Testament errichtet.
Annahme der Testierunfähigkeit
Testierunfähigkeit liegt nämlich schon dann vor, wenn der Testierende nicht mehr in der Lage ist, sich über die für oder gegen die Testamentserrichtung sprechenden Gründe ein klares Bild zu machen. Das ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn er dem Einfluss von Dritten ausgesetzt ist, die häufig ein Interesse an der Testamentserrichtung haben.
Es reicht nicht aus, dass der Testierende noch in der Lage ist, einfache Sachverhalte und die entsprechenden Personen zu erkennen. Er muss in der Lage sein, sich selbständig und aus eigener Überlegung ein Urteil über die Tragweite der Testamentserrichtung zu bilden. Das beinhaltet die Fähigkeit, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern, Zusammenhänge zu erfassen, neue Informationen aufzunehmen und Abwägungen zu treffen.
In der Entscheidung des OLG Bamberg war der Erblasser zum Zeitpunkt der fraglichen Testamentserrichtung dazu nicht mehr in der Lage, weil er an einer mittleren bis schweren vaskulären Demenz (gefäß- oder durchblutungsbedingt) litt. Dabei hat das Gericht vor allem den Inhalt der Pflegeakten, die Befunde des Hausarztes und die Ausführungen eines Sachverständigen zu Grunde gelegt.
Typische Merkmale vaskulärer Demenz
Typisch für die vaskuläre Demenz seien fluktuierende Beeinträchtigungen des Stammhirns mit Störungen der Aufmerksamkeit. Betroffene wiederholen Worte häufig, verlieren ihre kognitive Flexibilität und leiden unter Vigilanzschwankungen (andauernde Aufmerksamkeit bei eintöniger Reizfrequenz). Bei einfacher Ausprägung liege in der Regel noch keine Testierunfähigkeit vor. Bei einer mittleren Schwere komme es auf die Ausprägung der Einschränkungen an. Bei eingetretener Desorientierung ist eine freie Willensbestimmung selten anzunehmen.
Aus den Pflegeaufzeichnungen ergab sich, dass der Erblasser zum fraglichen Zeitpunkt, Sprachstörungen hatte und teilweise weder die Zeit, den Ort noch Personen einordnen konnte.
Der Sachverständige wies zudem darauf hin, dass es sich bei der Demenz um eine chronische, fortschreitende Krankheit handele. Positive Schwankungen beim Gemütszustand können bei einer beginnenden oder leichten Ausprägung der Demenz durchaus für die Frage der Testierfähigkeit relevant sein. Bei einer mittelgradigen oder schweren Ausprägung sei das jedoch nicht mehr der Fall.
Die relevanten Kriterien für die Beurteilung der Testierunfähigkeit konnten hier durch die medizinischen Unterlagen und Zeugenaussagen belegt werden. Dabei ist es wichtig, dass der Sachverständige sämtliche Kriterien in seine Beurteilung einbezieht und entsprechend gewichtet und bewertet.
Unterstützung durch die Fachanwaltskanzlei Dr. Unterberger in Berlin
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