Die Testierfähigkeit als Streitthema

Die Testierfähigkeit ist ein Streitthema, wenn durch ein Testament benachteiligte Familienangehörige oder durch ein früheres Testament begünstigte Personen die Wirksamkeit des Testaments anzweifeln und behaupten, der Erblasser sei bei Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen und habe daher kein wirksames Testament erstellen können.

Was versteht man unter Testierfähigkeit?

Unter Testierfähigkeit versteht man die Befähigung, ein Testament rechtswirksam zu errichten, zu ändern oder aufzuheben. Wer hingegen wegen einer krankhaften Störung der Geistesfähigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Erklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten (§ 2229 Abs. 4 BGB).

Wann im Sinne dieser Vorschrift Testierunfähigkeit vorliegt, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Entscheidend ist, dass sich der Erblasser über die Tragweite seiner Anordnungen und deren Auswirkungen auch in Anbetracht seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Klaren und nicht den Einflüssen Dritter unterlegen war. Die Testierfähigkeit muss zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorliegen.

Was ist die Folge der Testierunfähigkeit?

Das Testament, das von einem Testierunfähigen errichtet wurde, ist unwirksam. Es existiert rechtlich nicht. Das bedeutet, dass entweder ein früheres Testament gilt, sofern der Erblasser bei dessen Errichtung testierfähig war, oder dass die gesetzliche Erbfolge zum Tragen kommt.

Kann die Testierfähigkeit auch nach dem Tod festgestellt werden?

Im Regelfall erfahren die Angehörigen erst nach dem Erbfall vom Inhalt des Testaments und beginnen dann, dessen Wirksamkeit anzuzweifeln. So genannte postmortale Sachverständigengutachten zur Testierfähigkeit sind bei Erbstreitigkeiten die Regel. Dabei wertet der Sachverständige sämtliche verfügbaren Tatsachen aus. Diese können sich beispielsweise aus Zeugenaussagen zum Verhalten des Erblassers oder auch aus ärztlichen oder privaten Unterlagen ergeben.

Wer muss die Testierfähigkeit beweisen?

Das Gesetz geht zunächst einmal davon aus, dass der Erblasser testierfähig war. Daher muss derjenige, der die Testierfähigkeit anzweifelt, auch den Beweis dafür erbringen. Zwar geschieht dies auf richterliche Anordnung durch ein ärztliches Sachverständigengutachten. Jedoch müssen, damit das Gericht notwendige Sachverhaltsermittlungen aufnimmt und einen Gutachter beauftragt, durch die Beteiligten so genannte Anknüpfungstatsachen vorgebracht werden, aus denen sich die Testierunfähigkeit im konkreten Fall ergeben kann. Bloße Behauptungen genügen nicht. Derjenige, der die Beweislast für die Testierunfähigkeit trägt, sollte daher möglichst viele medizinischen Unterlagen und Zeugen benennen, die Aussagen zu den infolge Krankheit fehlenden geistigen Fähigkeiten des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung enthalten.

Kann schon bei der Testamentserrichtung vorgesorgt werden?

Wer ein Interesse an der Wirksamkeit des Testaments hat, sollte im Zweifel ein ärztliches Attest einholen, das die Testierfähigkeit bestätigt. Zwar muss sich bei der Errichtung eines notariellen Testaments der Notar von der Testierfähigkeit des Testators überzeugen. Dieser ist jedoch kein psychiatrisch geschulter Facharzt, weshalb die oftmals standardisierten Aussagen nicht immer weiterhelfen. Beispielsweise kann das Vorliegen einer Altersdemenz durch die „äußerliche Fassade“ verdeckt werden.  Die Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme bietet hier eine höhere Sicherheit. Ein solche ist insbesondere dann anzuraten, wenn Ausfallerscheinungen schon zu Tage treten.

Hilfe vom Fachanwalt

Als Fachanwaltskanzlei für Erbrecht haben wir langjährige Erfahrungen mit den Fragen rund um die Testierfähigkeit, sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich. Gerne sind wir Ihnen bei der Vorsorge oder Streitbeilegung behilflich. Kontaktieren Sie uns dazu einfach telefonisch oder per E-Mail.