Sozial- und Behindertentestament
Bezieht einer der Erben Sozialhilfe, gleich aus welchen Gründen, besteht die Gefahr, dass der Sozialhilfeträger Rückgriff beim Erben nimmt. Dieses gilt es zu vermeiden.
Erbe als Sozialhilfeempfänger
Ist der Erbe Sozialhilfeempfänger, ist der Vermögenszuwachs aufgrund der Erbschaft grundsätzlich vorrangig einzusetzen. Das gilt auch für den Pflichtteilsanspruch, den der Sozialhilfeträger überleiten und pfänden kann, selbst wenn er nicht geltend gemacht wird (Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe). In der Regel ist jedoch ein Erb- und Pflichtteilsverzicht durch Vertrag mit dem Erblasser zulässig.
Fließt dem Sozialhilfeempfänger erst nach Ende des Bezuges von Sozialleistungen Vermögen zu, ist dieses grundsätzlich nicht rückwirkend einzusetzen, da der Sozialhilfeanspruch für den Zeitraum der Bedürftigkeit gewährt wird (Zuflussprinzip).
Behindertes Kind als Erbe – das Behindertentestament
Ein besonderes Bedürfnis hinsichtlich der testamentarischen Gestaltung bei Eltern besteht, wenn ein behindertes Kind vorhanden ist, das Unterstützung vom Sozialhilfeträger erhält. Was die Unterhaltspflicht für ihr behindertes Kind anbelangt, enthält § 94 SGB XII zwar eine enorme Entlastung zugunsten der Eltern. Erbt das behinderte Kind allerdings, ist dieses Vermögen grundsätzlich auch einzusetzen und der gegenüber Sozialhilfe vorrangig.
Die Enterbung des behinderten Kindes ist keine Option, da der Sozialhilfeträger den Pflichtteil überleiten und pfänden kann, auch wenn das Kind den Pflichtteil überhaupt nicht geltend macht. Das gilt auch für den Zusatzpflichtteil und den Pflichtteilsergänzungsanspruch.
Beim Pflichtteilsverzicht ist ebenfalls Vorsicht geboten. Hier besteht unter Umständen die Gefahr der Sittenwidrigkeit und folglich der Nichtigkeit des Verzichts. Das gleiche gilt für die Ausschlagung der Erbschaft
Die Rechtsprechung lässt allerdings eine testamentarische Gestaltungsmöglichkeit zu, mit der dem behinderten Kind etwas zugewandt werden kann, ohne dass der Sozialhilfeträger Regress nehmen kann (sog. Behindertentestament). Dabei wird das behinderte Kind als nicht befreiter Vorerbe zu einem Anteil eingesetzt, der größer ist als der Pflichtteil. Zudem muss eine Testamentsvollstreckung angeordnet werden, die genau festlegt, was dem Kind zugewandt werden soll.
Bei der Abfassung eines Behindertentestaments ist unbedingt fachanwaltliche Hilfe geboten, da eine solche Gestaltung zwar zulässig ist, aber im Einzelfall stets an der Grenze zur Sittenwidrigkeit verläuft.
Erbe in der Insolvenz
Befindet sich der als Erbe berufene oder Pflichtteilsberechtigte in der Insolvenz liegt die Sachlage anders, da die Grundsätze zum Sozialhilferecht hier keine Anwendung finden.
Der zur Erbschaft berufene kann diese ausschlagen, da es sich dabei grundsätzlich um ein höchstpersönliches Recht handelt. Er ist auch nicht gezwungen, den Pflichtteilsanspruch geltend zu machen. Dieser kann allerdings schon gepfändet werden, was auf die Entscheidungsfreiheit diesen auch geltend zu machen jedoch keinen Einfluss hat. Wird der während des Insolvenzverfahrens entstandene Pflichtteilsanspruch nach Verfahrensende geltend gemacht, unterliegt er der Nachtragsverwaltung.
Hilfe vom Fachanwalt für Erbrecht
Die Nachfolgeregelungen im Zusammenhang mit bedürftigen oder überschuldeten Erben bieten diverse Fallstricke. Dem nachvollziehbaren Interesse der Beteiligten, möglichst wenig Vermögen an Dritte weiterzugeben, muss mit einer entsprechenden Gestaltung Rechnung getragen werden.
Als Fachanwältin für Erbrecht berate ich Sie, welche Gestaltungsmöglichkeiten Ihrer konkreten Lebenssituation am besten gerecht werden und unterstütze Sie bei der Errichtung einer Verfügung von Todes wegen.
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