Bezugsberechtigung aus Lebensversicherung nach Scheidung

Bundesgerichtshof Urteil. v. 22.07.2015, Az.: IV ZR 437/14

Hat der Erblasser eine Lebensversicherung abgeschlossen, besteht oftmals Streit darüber, wem die Versicherungssumme zusteht. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Lebensumstände nach Abschluss des Versicherungsvertrages geändert haben.

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, wer die Todesfallsumme aus der vom Erblasser abgeschlossenen Lebensversicherung erhält. Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser verheiratet und meint, ihr stünde als Witwe die Summe zu. Zu dem Zeitpunkt, als der Erblasser die Lebensversicherung abgeschlossen hat, war er jedoch noch mit seiner ersten Ehefrau, der Beklagten, verheiratet. Gegenüber der Versicherung gab der Erblasser damals an, dass die Versicherungssumme „der verwitwete Ehegatte“ erhalten soll. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte sind der Meinung, dass sie bezugsberechtigt sind.

Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in seinem Urteil vom 22.07.2015, dass in einem solchen Fall in der Regel diejenige bezugsberechtigt ist, die zum Zeitpunkt der Einräumung des Bezugsrechts mit dem Versicherungsnehmer verheiratet war. Bezugsberechtigt ist demnach die erste Ehefrau, mit der der Erblasser zum Zeitpunkt des Abschlusses der Lebensversicherung verheiratet war.

Der Begriff „verwitweter Ehegatte“ ist zwar nicht eindeutig und muss deshalb ausgelegt werden, allerdings kommt es dabei auf den Zeitpunkt an, in welchem die Erklärung abgegeben wird. Es sei nicht ersichtlich, dass sich der Erblasser zu diesem Zeitpunkt Gedanken über eine etwaige Scheidung und Wiederheirat gemacht hat. Da sich aus den Umständen des Vertragsabschlusses nichts anderes ergab, kann der Erblasser mit „verwitweter Ehegatte“ nur seine damalige Ehefrau gemeint haben.

Folgen für die Praxis

Bezugsrechte aus Lebensversicherungen bilden immer wieder ein Streitthema nach dem Erbfall. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die Lebensumstände des Erblassers – wie hier – nach Abschluss des Versicherungsvertrages geändert haben. Der BGH stellt klar, dass es entscheidend auf die Äußerungen gegenüber der Versicherung ankommt und wie diese die Äußerungen verstehen musste. Wer die Bezugsberechtigung ändern möchte, sollte gegenüber der Versicherung tätig werden oder von vornherein einen dynamischen Begriff (z.B. „meine Erben zum Zeitpunkt des Todes“) wählen.

Hilfe von der Fachanwaltskanzlei Dr. Unterberger

Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen sind häufiger Bestandteil von Erbfällen. Zum einen kann Streit darüber bestehen, wer die Versicherungssumme erhalten soll. Dieses kann auch deshalb streitig sein, weil der zugrundeliegende Schenkungsvertrag zwischen Erblasser und Begünstigtem angezweifelt wird. Zum anderen können Lebensversicherungen Auswirkungen auf die Höhe des Pflichtteils haben.

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