Der Miterbe als Testamentsvollstrecker – Übertragungen auf sich selbst?

Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.06.2015, Az. I-3 U 11/14, 3 U 11/14

Der Testamentsvollstrecker hat gemäß § 2203 BGB die Aufgabe, die testamentarischen Anordnungen des Erblassers durchzusetzen. Seine Aufgaben und Befugnisse richten sich demnach grundsätzlich nach dem Willen des Erblassers, der durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers weiteren Einfluss auf die Verteilung seines Vermögens nach seinem Tod hat.

Sachverhalt

In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall, setzte der Erblasser mehrere Personen als Erben ein, die gemeinsam die Erbengemeinschaft bildeten. Einer der Miterben wurde zugleich als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Zum Nachlass gehörte auch das hier streitige Grundstück.

In seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker übertrug er die Eigentumsanteile der Miterben an dem Grundstück auf sich selbst. Zwar besteht gemäß § 181 BGB grundsätzlich das Verbot, als Vertreter eines anderen mit sich selbst einen Vertrag zu schließen, hier war der Testamentsvollstrecker jedoch von dieser Vorschrift befreit. Der Testamentsvollstrecker und Miterbe zahlte auf Grundlage eines eigens eingeholten Wertgutachtens einen geringeren Kaufpreis, als er nach dem tatsächlichen Wert hätte zahlen müssen.

Die Miterbin, deren Erbanteile durch den Testamentsvollstrecker übertragen wurden, machte geltend, dass der Testamentsvollstrecker gemäß §§ 2205, 2006 BGB nicht zu unentgeltlichen Verfügungen befugt sei, wobei hier nur eine teilweise Unentgeltlichkeit wegen des niedrigeren Kaufpreises vorgelegen haben soll.

Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Kaufvertrag nur dann wegen (Teil-) Unentgeltlichkeit unwirksam ist, wenn der Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass einen Vermögensgegenstand entnimmt, ohne eine gleichwertige Gegenleistung wieder dem Nachlass zuzufügen. Dabei muss ihm die Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung bewusst sein oder diese bei ordnungsgemäßer Verwaltung wenigstens hätte erkennen müssen.

Hier sei das nicht der Fall, da der Testamentsvollstrecker und Miterbe auf das eigens eingeholte Wertgutachten habe vertrauen dürfen. Eine Teilunentgeltlichkeit lag demnach nicht vor. Ein anderer Senat des OLG Düsseldorf beurteilte die Frage in seinem Urteil vom 16.06.2015 (Az. I-21 U 166/14) anders und hielt den Kaufvertrag für unwirksam.

Rechtsunsicherheiten bei der Testamentsvollstreckung

Wie der Fall zeigt, kann die Einsetzung eines Erben als Testamentsvollstrecker heikel sein. Zu beachten ist nämlich auch, dass Verfügungen des Testamentsvollstreckers, auch wenn sie nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen, grundsätzlich wirksam sind. In diesem Fall kommt lediglich ein Schadensersatzanspruch in Betracht. Nur in Fällen, in denen der Testamentsvollstrecker und der Erwerber (oder – wie hier – er selbst) bewusst zum Nachteil des Nachlasses zusammenwirken, ist die streitige Verfügung unwirksam.

Die Frage, ob der Testamentsvollstrecker wegen einer solchen Interessenkollision abberufen werden muss, ist davon unabhängig zu prüfen und hängt auch davon ab, ob das Vertrauen der Erben in den Testamentsvollstrecker beeinträchtigt ist.

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