Die Patchwork-Familie im Erbrecht

Familien, in denen ein oder beide Elternteile vorher schon einmal verheiratet waren und/oder Kinder mit in die neue Beziehung bringen, sind nicht ungewöhnlich. Diesen Lebensverhältnissen wird das deutsche Erbrecht kaum gerecht, da es von einem tradierten Familienbild ausgeht. Dieses zeigt sich bei der Erbfolge aber auch beim Pflichtteil- und Erbschaftsteuerrecht.

Umso wichtiger ist es, dass ungewollte Folgen durch eine individuelle Testamentsgestaltung minimiert oder im besten Fall ganz vermieden werden.

Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil in der Patchwork-Familie

Nach dem Gesetz erben zunächst die Kinder und der Ehepartner. Sind diese nicht vorhanden, werden die Erben über die Eltern und Großeltern bzw. deren Abkömmlinge bestimmt. Stiefkinder oder der nichteheliche Partner sowie deren Kinder erben per Gesetz nichts. Will der Erblasser auch die Kinder des (neuen) Partners am Erbe beteiligen, muss er tätig werden und ein Testament errichten.

Die gesetzliche Erbfolge bestimmt auch das Pflichtteilsrecht. Den Abkömmlingen und dem Ehegatten (und ggf. den Eltern) steht ein Mindestanteil am Erbe zu. Während der (frühere) Ehepartner durch die Scheidung sein Erb- und Pflichtteilsrecht „verliert“, bleiben die eigenen Kinder stets pflichtteilsberechtigt. Zwar dürfte üblicherweise nicht gewollt sein, die eigenen Kinder nicht gänzlich zu enterben, möchte man der neuen familiären Situation jedoch gerecht werden, ist im Einzelfall Vorsicht geboten. Ist beispielsweise aus einer früheren Beziehung nur ein Kind vorhanden, ist dieses nach gesetzlichem Erbrecht Alleinerbe. Wird dieses Kind enterbt, steht ihm ein Pflichtteil von einem Halb zu. Diese Pflichtteilslast trifft dann die Erben, die den Geldbetrag dann vielleicht nicht aufbringen können. Eine Patentlösung gibt es sicher nicht, aber man kann unter Berücksichtigung der jeweiligen familiären Situation und der konkreten Vermögensverhältnisse eine tragbare Lösung finden. Dafür stehen u.a. Instrumente wie die vorweggenommene Erbfolge, Vermächtnisse, Nießbrauch oder Pflichtteilsverzicht (gegen Abfindung) zur Verfügung.

Mögliche Bindung an ein früheres Testament

Möglicherweise ist einer der Partner an ein früheres gemeinschaftliches Testament oder einen früheren Erbvertrag gebunden. In diesem Fall muss geprüft werden, ob die letztwillige Verfügung angefochten werden kann, etwa weil eine neue Ehe geschlossen wurde oder ein anderer Pflichtteilsberechtigter hinzugetreten ist. Auch die neue Ehefrau kann nach dem Tod des Ehemanns ein Recht zur Anfechtung des früheren gemeinschaftlichen Testaments haben.

Ein gemeinschaftliches Testament kann unter Umständen auch im Falle einer Scheidung Gültigkeit behalten, was stets eine Frage des Einzelfalls ist. In diesem Fall kann und sollte gehandelt werden.

Vemeidung einer nicht gewollten Erbengemeinschaft

Die Teilung des Nachlasses gestaltet sich besonders schwierig, wenn Personen aus verschiedenen Beziehungen eine Erbengemeinschaft bilden. Das ist insbesondere der Fall, wenn beispielsweise eine Immobilie den wesentlichen Wert ausmacht und keiner der Erben in der Lage ist oder gewillt ist, diese gegen Auszahlung der übrigen Erben zu übernehmen.

In derartigen Fällen sollte schon vorher überlegt werden, ob eine Zuordnung entweder schon zu Lebzeiten oder im Testament erfolgen kann.

In der Regel liegt es im Interesse des Erblassers, den jetzigen Partner bis zu dessen Tod abzusichern und erst dann den Kindern etwas zukommen zu lassen. Diese Reihenfolge bietet sich meistens schon aufgrund der Altersstruktur der Hinterbliebenen an. In Patchwork-Familien stellt sich daher die Frage, inwieweit sich die Kinder aus der früheren Beziehung mit einer solchen Regelungen zufrieden geben.

Auch hier kommen verschiedene Instrumente wie Vor- und Nacherbschaft, Vermächtnisse und Pflichtteilsverzichte bzw. Pflichtteilsstrafklauseln in Betracht.

Erbschaftsteuer in der Patchwork-Familie

Dem Ehepartner und Lebenspartner einer gleichgeschlechtlichen Beziehung sowie den Abkömmlingen stehen relativ hohe Freibeträge in Höhe von 500.000,00 EUR bzw. 400.000,00 EUR zu. Das heißt, bis zu diesem Betrag findet eine Besteuerung der Erbschaft oder der Schenkung nicht statt.

Dennoch muss genau geprüft werden, ob die Freibeträge durch die Erbschaft überschritten werden. In diesem Fall bietet es sich häufig an, schon zu Lebzeiten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die künftigen Erben zu übertragen, denn die Freibeträge können prinzipiell alle zehn Jahre ausgeschöpft werden.

Das Thema Erbschaft- und Schenkungsteuer sollte insbesondere genau geprüft werden, wenn die Übertragung von Vermögen auf andere Personen als den Ehepartner oder die Kinder übertragen werden soll. Zwar sind insoweit die Stiefkinder den eigenen Abkömmlingen gleich gestellt, dieses gilt jedoch freilich nicht, wenn die Patchwork-Familie aus nichtehelichen Partnern besteht. In diesem Fall sieht das Gesetz lediglich einen Freibetrag von 20.000,00 € vor. Dieser Freibetrag gilt auch für Übertragungen auf Geschwister, Eltern oder sonstige Dritte.

Problematisch kann auch die Übertragung von Betriebsvermögen sein. Auch hier muss zunächst geklärt werden, was zum Betriebsvermögen gehört und welchen Anteil dieses am Gesamtnachlass hat. Darüber hinaus kann entscheidend sein ob Abkömmlinge den Betrieb erhalten oder Dritte mit einem geringen Freibetrag und hohen Steuersatz.

Hier ist eine genaue Analyse der Sachlage gefragt, um die erbrechtlichen Vorstellungen möglichst genau umzusetzen und dazu steuerlich optimal zu gestalten.

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